Sind Führungskräfte bald überflüssig?
Kann Künstliche Intelligenz (KI) Führungskräfte ersetzen?
Dieser Frage gehe ich mit meinem Artikel nach. Dabei geht es vor Allem um das wesentliche Merkmal, das uns Führungskräfte noch sehr lange einen Vorsprung gegenüber KI verschaffen wird, nämlich Emotionale Intelligenz (EQ).
Die Antwort daher ein klares Njein.
Einleitung:
Es wird zur zurzeit viel über Künstliche Intelligenz (KI) gesprochen und was sie in unterschiedlichen Lebensbereichen und Einsatzgebieten leisten kann. In diesem Artikel geht es weniger um die technische Machbarkeit als vielmehr um den Fokus auf das, was der aktuelle Wandel für Führungskräfte bedeutet und ob KI dabei künftig eine tragende Rolle spielen kann. Inspiriert wurde ich zu diesem Beitrag durch einen Artikel von Nils Schmidt, dem ich für seinen Impuls sehr dankbar bin.
Die Verwendung von KI ist in Marketing, Produkten, Dienstleistungen und in internen Prozessen mittlerweile gut in Unternehmen angekommen. Bekannt ist das in vielen Bereichen, insbesondere im Vertrieb, teilweise in der Buchhaltung und dem Controlling. KI verändert bereits die Arbeitswelt. Nils Schmidt geht also der Frage nach, ob KI auch für die Führungsaufgaben angewendet werden kann.
Er stellt im Schwerpunktthema der Perspektiven Heft 4, 2022 („Die Digitalisierung von Führungskräften – KANN KI FÜHRUNGSKRÄFTE ERSETZEN?“
Perspektiven, Heft 4/22- Magazin für Fach- und Führungskräfte; Herausgeber: DFK – Verband für Fach- und Führungskräfte; www.dfk.eu) die Frage: „Kann eine KI Führungskräfte ersetzen?“
Wiederkehrende, standardisierbare Aufgaben (Personaleinsatzpläne, Prozesssteuerung o.ä.) können durch KI übernommen werden.
Kernfrage 1: Vertrauen
Kann die Unterstützung durch KI künftig soweit gehen, dass sie Führungskräfte ersetzen kann? Kann eine selbstlernende KI mehr Objektivität und Transparenz erzeugen?
Transparenz soll Akzeptanz schaffen.
Das setzt voraus, dass das überhaupt erforderlich ist. Es spräche zumindest gegen das Vertrauen in die heute im Unternehmen verantwortliche Person und deren Arbeit. Hier ist die Frage, welches Vertrauen man dann wohl in eine KI hätte?
Kernfrage 2: Mitarbeiterbindung
Wenn die lernenden Systeme bereits so weit fortgeschritten sind, haben Führungskräfte dann nicht zu Recht Bedenken, dass die Verwendung Künstlicher Intelligenz in der Führung ihre eigene Zukunft einschränken könnte?
Derartige Sorgen sollte man nicht vom Tisch wischen. Allerdings würde ich dann hier aber die Frage stellen, ob bei einer Führungskraft dann heute die richtige Haltung an den Tag gelegt wird.
Warum?
Nun, bei richtiger Vorprogrammierung wird eine KI, die ständig hinzu lernt, in der Lage sein, strategische Entscheidungen zu treffen. Das wird sicher früher oder später so sein!
Im Sinne der Führungsarbeit kann KI auch dazu beitragen, die Mitarbeiterbindung und -zufriedenheit zu verbessern. KI-basierte Tools können dazu beitragen, dass Führungskräfte die Bedürfnisse und Vorlieben ihrer Mitarbeiter besser verstehen und ihnen personalisierte Angebote und Möglichkeiten bieten können. Darüber hinaus können KI-basierte Systeme Führungskräfte dabei unterstützen, den Überblick über das Wohlbefinden ihrer Mitarbeiter zu behalten, was dazu beitragen kann, stressbedingte Probleme und Burnout zu minimieren.
Mitarbeiterbindung spielt in der heutigen Zeit ja bekanntermaßen eine zunehmend wichtige Rolle.
Kernfrage 3: Empathie
Wie ist es jetzt mit der Empathie und Emotionaler Intelligenz (EQ)?
Nils Schmidt hält ferner fest, dass, unabhängig davon, dass Chat-Bots technisch bislang kaum in der Lage seien wertvolle Dialoge mit Menschen zu führen, sie nach seiner Einschätzung erst recht nicht in der Lage sein werden, EQ zu entwickeln.
Echte Empathie impliziere, „dass man die Gefühle einer anderen Person mitempfindet“. Davon könne bei Maschinen nach dem heutigen Stand der Technik keine Rede sein. Ein „subjektiver Erlebnisaspekt“ sei bei ihnen nicht vorhanden. Sehr wohl könnten sie allerdings menschliche Emotionen analysieren.
Nils Schmidt kommt zu dem Fazit:“Führung und KI lassen sich gut ergänzen, wenn die richtigen Rahmenbedingungen geschaffen werden“.
Zurecht weist Nils Schmidt darauf hin, dass in der heutigen Zeit eine wesentliche Kompetenz der Führungskräfte darin bestehen muss, einerseits Visionen und entwickelte Strategien vorzuleben, andererseits aber die Beschäftigten auch bei ihrer eigenen Entwicklung zu coachen. Hier setzt man für die Zukunft große Hoffnung in die Rolle der Führungskraft.
Hier möchte ich gerne aus meiner Erfahrung mit einem Missverständnis aufräumen, dass Führungskräfte Coaches für ihre Mitarbeiter sein können. Möglicherweise muss man den Begriff des Coachings austauschen. Vielleicht ist da der Begriff des Mentors besser geeignet. Warum?
Aus meiner Sicht gehört es zur Aufgabe einer Führungskraft, sich bei Bedarf auch um „businessübergreifende Bedürfnisse“ der Mitarbeiter zu kümmern. Wir wissen heute, dass es zur mentalen Gesundheit einfach dazugehört, alle Lebensbereiche in einem ausgeglichen Maß in Balance zu bringen.
Das kann aber wirklich nur dann gelingen, wenn ein Mitarbeiter zu seiner Führungskraft ein „fast persönliches“ Vertrauensverhältnis aufbauen konnte. Hand aufs Herz: würden Sie sich bei persönlichen Befindlichkeiten, die durchaus ihre Leistungsfähigkeit am Arbeitsplatz deutlich beeinträchtigen, an ihren Vorgesetzten wenden? Wohl eher nicht. Hier braucht es eine Vertrauensperson, die nicht mit den wirtschaftlichen Zielen des Unternehmens verbunden ist.
Nach Ansicht von Nils Schmidt könnte „eine Künstliche Intelligenz, weiterentwickelte hochqualifizierte Chatfunktionen vorausgesetzt, diese Rolle im Hinblick auf die Neutralität und Unbefangenheit durchaus übernehmen. Das wesentliche Manko ist dabei jedoch die fehlende EQ.“
Diese Aussage kann ich so in jedem Falle unterstreichen, sie ist aber auch sehr weichgespült.
In Wirklichkeit braucht es mehr!
Sehen wir uns an, was EQ eigentlich meint! Was ist das? Was braucht es dafür. Wie spürt der Mitarbeiter die EQ seiner Führungskraft?
EQ, ist das der neue IQ?
In der Vergangenheit war es wichtig, als Führungskraft über fachliche Qualifikation, Durchsetzungsvermögen und Entscheidungsfähigkeit zu verfügen. Hier wird es sehr bald zu einer deutlichen Verschiebung kommen. KI wird recht bald diese Elemente von Führungsqualifikation übernehmen können.
Hinsichtlich der EQ gibt es nun zwei Aspekte zu betrachten. Einerseits ist EQ in der heutigen Führungsarbeit generell wichtiger denn je. Andererseits werden KI diese Emotionalität zumindest in Teilen bald abbilden können.
Was ist EQ nun wirklich?
Führungskräfte mit einer hohen emotionalen Intelligenz sind erfolgreich, weil sie die Fähigkeit haben, eigene und fremde Gefühle wahrzunehmen, zu verstehen und zu beeinflussen. Sie können sich selbst motivieren und andere für ihre Ziele begeistern. Sie sind resilient und können konstruktiv mit Stress umgehen. Sie werden von ihren Mitarbeitern respektiert und man vertraut ihnen. Sie sind kommunikativ und können ihre Bedürfnisse klar ausdrücken.
EQ kann man lernen!
Die gute Botschaft: EQ ist eine Fähigkeit, die man tatsächlich erlernen und verbessern kann. Es ist nicht etwas, das nur wenige privilegierte Menschen haben, sondern es kann durch Bereitschaft, gezielte Übung und Training gestärkt werden.
Es gibt viele Facetten, die in Summe eine hohe EQ ausmachen (siehe Anhang).
Wo Licht ist, ist auch Schatten.
Obwohl es viele Vorteile gibt, die mit hoher EQ einhergehen, können auch Risiken und Herausforderungen damit verbunden sein.
Ein Risiko besteht zum Beispiel darin, dass Menschen mit hoher EQ möglicherweise zu emotional reaktiv werden und Schwierigkeiten haben, ihre Emotionen angemessen zu regulieren. Wenn man sehr sensibel auf die Emotionen anderer reagiert, kann es schwierig sein, eine klare Trennung zwischen den eigenen Emotionen und denen anderer zu ziehen. Dies kann dazu führen, dass man sich leicht von den Emotionen anderer beeinflussen lässt und in schwierigen Situationen überreagiert.
Ein weiteres Risiko kann darin bestehen, dass Menschen mit hoher EQ dazu neigen können, sich zu sehr auf ihre Emotionen zu konzentrieren und dabei ihre rationalen Fähigkeiten vernachlässigen. Wenn man sich zu sehr auf Emotionen verlässt, kann dies zu impulsiven Entscheidungen führen, die sich später als unklug erweisen können.
Umgekehrt können sie ebenso dazu neigen, sich zu sehr auf die Gefühle anderer zu konzentrieren und ihre eigenen Bedürfnisse zu vernachlässigen. Dies kann zu Überforderung, Erschöpfung oder emotionaler Ausgebranntheit führen.
Im Hinblick auf die zukünftig erforderlichen Kompetenzen einer FK dürften diese Risiken aber eher untergeordnet sein.
Ausblick
Wenn EQ einen derart hohen Stellenwert in der Führungsarbeit haben wird, was können FK dann tun, um sich hier fit zu machen? Wie gesagt: EQ kann man trainieren (siehe Anhang), wenn man die Sinnhaftigkeit erkannt und richtige Haltung dazu hat.
Funfact: ChatGPT sagt (heute noch) selbst:
„Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass KI nicht die menschliche Führung ersetzen kann. Führungskräfte müssen in der Lage sein, die Informationen, die KI zur Verfügung stellt, zu interpretieren und in Entscheidungen umzusetzen. Sie müssen auch in der Lage sein, menschliche Qualitäten wie Empathie, Kommunikation und Beziehungsmanagement zu zeigen, um ihre Teams effektiv zu führen.“
Fazit
Eine KI wird die moderne Form der Führung nicht ersetzen oder gar in Gefahr bringen, wohl aber die bisherige.
Diese Form von Führung, sich lediglich als Verwalter von Wissen und als Entscheidungsinstanz zu kaprizieren, ist ohnehin ein überholtes Führungsbild. Wissen ist schon lange nicht mehr Macht und Strukturen, die Arbeitsebene und Entscheidungsebene (mit möglicherweise weiteren Zwischenebenen) trennen, sollten schon lange der Vergangenheit angehören.
Hier wird KI einen zunehmend wichtigen Part übernehmen.
Was KI definitiv bis auf Weiteres nicht leisten kann ist Führung auf Emotionsbasis.
Es handelt sich meines Erachtens hier also nicht um einen Wettlauf zwischen Mensch und Maschine. Es ist vielmehr die sich aus der Veränderung der Welt ohnehin ergebende Fokusverschiebung, die den Mensch mehr in den Mittelpunkt stellt.
Diese Fokusverschiebung erfordert eine klare Änderung des Mindsets, der eigenen inneren Haltung als Führungskraft gegenüber den Mitarbeitenden.
Was es also im Weiteren definitiv braucht ist EQ.
Es besteht demzufolge keine Sorge für Führungskräfte, dass sie demnächst im Aus landen, sofern sie die Bereitschaft haben, sich auf die neue Situation einzustellen (die eigentlich schon seit einigen Jahren nicht mehr wirklich neu ist).
Es ist die Zeit der Veränderung!!
Im Download habe ich die wesentlichen Facetten von Emotionaler Intelligenz zusammengestellt, die für Führungsarbeit zunehmend an Bedeutung gewinnen.
- Steigen Sie ein in die Welt der modernen Führung.
- Reflektieren Sie sich selbst. Laden Sie sich gerne die Liste der wesentlichen EQ-Facetten und die Hinweise zu deren Verbesserung herunter.
- Wo stehen Sie? Wo mögen Sie gerne besser werden?
Schreiben Sie im Kommentar, wie Sie zu EQ in der Führungsarbeit stehen.
Anhang: Auflistung der wesentlichen Facetten von EQ
EQ kann durch gezieltes Training und Übung erlernt und verbessert werden.
Hier sind einige Facetten, die eine wichtige Rolle spielen, um die EQ zu stärken:
- Selbstreflexion
- Achtsamkeit
- Empathie entwickeln
- Konfliktlösung
- Positive Beziehungen aufbauen
- Selbstregulation
- Umgang mit Stress
- Selbstmotivation
- Soziale Kompetenz
- Feedback suchen
- Weiterbildung
Insgesamt erfordert die Entwicklung von Emotionaler Intelligenz eine offene Haltung, ein bewusstes Engagement und eine regelmäßige Übung. Es ist eine Fähigkeit, die mit der Zeit verbessert werden kann und sich positiv auf alle Bereiche des Lebens auswirken kann.
Holen Sie sich hier Ihre Liste der wesentlichen EQ-Facetten und wie man sie verbessern kann:
Wenn Sie Fragen oder abweichende Sichtweisen zu den genannten Punkten haben, lassen Sie uns gerne darüber in Diskurs kommen. Habe ich aus Ihrer Sicht eine Facette vergessen?
Ich freue mich auf Ihren Kommentar!