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Past-Oriented Thinking (POT )

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Hör auf, die Vergangenheit zu reproduzieren

Wir Menschen sind Gewohnheitstiere mit gutem Gedächtnis. Das ist praktisch, solange es um Zahnbürsten, Pin-Codes oder Fahrradfahren geht. Aber genau dieses Prinzip wird zum Problem, wenn wir die Zukunft nach denselben Mustern denken, mit denen wir unsere Vergangenheit erlebt haben.

Past-Oriented Thinking (POT) bedeutet: Wir erzeugen Zukunft, indem wir Vergangenes reproduzieren. Wir planen aus Erfahrungen, bewerten aus Erinnerungen, entscheiden aus Angst vor Wiederholung – und wundern uns, dass sich nichts ändert.

Das ist kein individuelles Versagen, sondern ein zutiefst menschlicher Mechanismus. Unser Gehirn liebt Muster, weil sie Sicherheit geben. Aber dieselben Muster, die Stabilität schaffen, verhindern auch Erneuerung.

Und eines darf man auch nicht vergessen. Es ist ja das Ergebnis jahrelanger Optimierungsschleifen. Was gut funktioniert hat darf bitte genau so bleiben. Wenn nicht, haben wir gelernt es zu ändern. So lange, bis es erfolgreich war.  

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Warum wir immer wieder dieselbe Zukunft erschaffen

Das Gehirn ist eine gigantische Vorhersagemaschine. Es will wissen, was als Nächstes passiert – und nutzt dazu das, was es kennt. Jede Entscheidung, jede Erwartung, jeder Gedanke basiert ausschließlich auf gespeicherten Erfahrungen. Das darf man sich mal vor Augen führen!
Das ist zwar effizient – aber nicht kreativ. Es entsteht nichts Neues, weil es nicht muss.

Wenn du versuchst, ein Problem mit dem Wissen zu lösen, das es geschaffen hat, bleibst du im Kreis. Oder, wie Einstein sagte: „Probleme kann man niemals mit derselben Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind.“

Past-Oriented Thinking ist genau das: Wir denken klug – aber im Kreis. Wir optimieren die Vergangenheit statt Zukunft zu gestalten. Das fühlt sich nach Kontrolle an, ist aber in Wahrheit nur Reproduktion.

 Das Paradoxon der Kontrolle

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Kontrolle gibt uns das Gefühl von Sicherheit.
Doch sie funktioniert nur in stabilen Systemen – und das Leben ist kein stabiles System.
Wir können das Leben nicht wirklich steuern.

Sobald etwas Unvorhergesehenes geschieht, aktiviert sich das Behavioral Inhibition System (BIS).
Es prüft, vergleicht, bremst. Das ist biologisch sinnvoll, aber psychologisch lähmend.
Wir greifen auf Altbewährtes zurück – und bleiben so in der Vergangenheit stecken.

Ich erinnere mich an ein Gespräch mit einem CEO, der mitten in einer Umbruchphase stand.
Sein Markt veränderte sich schneller, als seine Organisation denken konnte.
„Ich hab das im Griff“, sagte er – und zog ein Notizbuch hervor, das er seit Jahren benutzte.
Darin: handschriftliche Skizzen alter Krisenstrategien, Marktanalysen, ein paar bewährte Formeln.
„Ich weiß, wie das läuft“, meinte er – und begann, das Problem in bekannte Kategorien zu zerlegen.

Nach zwei Stunden sah alles vernünftig aus: Zahlen, Szenarien, Maßnahmen.
Nur eines fehlte: das Neue.
Er hatte, in altbekannter Routine, seine Lösung aus dem letzten Jahr reaktiviert – leicht angepasst, modernisiert, aber im Kern identisch.

Wir denken: „Ich plane voraus.“ Möglichst detailliert und für alle Eventualitäten.

So entstehen Routinen, Prozesse, sogar Lebensentwürfe, die nur noch eine alte Landkarte nachzeichnen, obwohl sich die Landschaft längst verändert hat.

Wie Neues wirklich entsteht

Die Neurowissenschaft zeigt klar: Das Gehirn ist kein Speicher, sondern ein Generator. Es kann immer wieder neue Verbindungen bilden – wenn es darf.

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Yu et al. (2023) belegen, dass Menschen mit hoher mentaler Beweglichkeit weniger Stress erleben und kreativer denken. Leading Sapiens (2024) beschreibt, wie schon eine kleine Pause zwischen Reiz und Reaktion reicht, um das System neu zu kalibrieren.

Das Geheimnis liegt also nicht im Denken, sondern im Innehalten. 

In dem Moment, in dem du aufhörst, sofort zu reagieren, entsteht ein Zwischenraum. Und in diesem Zwischenraum kann etwas auftauchen, das du nicht geplant hast – echte Zukunft.

Wenn du dich einlässt, wird das Leben bunter

Past-Oriented Thinking reduziert die Welt auf bekannte Farben. Flexibles Denken öffnet das Spektrum.

Neurowissenschaftlich gesehen schaltet sich das Belohnungssystem (ventrales Striatum) an, wenn du Neugier statt Kontrolle aktivierst. Das Gehirn lernt, Unsicherheit als Anreiz zu empfinden. Die Folge: weniger Anspannung, mehr Lebendigkeit.

Plötzlich wird aus dem Plan ein Experiment. Aus Erwartung wird Interesse. Und aus Sicherheit entsteht Bewegung. 

Vom Wiederholen zum Gestalten

In Führung, in Beziehungen, in der eigenen Entwicklung – überall gilt dasselbe Prinzip:
Solange du versuchst, Zukunft vorherzuplanen, bevor du sie betrittst, bleibt sie eine Variation deiner Vergangenheit.

Wirkliche Gestaltung beginnt, wenn du dich darauf einlässt. Nicht blind, sondern wach. Nicht planlos, sondern bereit, etwas zu entdecken.


Past-Oriented Thinking produziert Ergebnisse. Zukunftsorientiertes Denken erzeugt Möglichkeiten. Und das ist ein gewaltiger Unterschied.

Wie du aus der Vergangenheits-Schleife aussteigst

Der Ausstieg aus POT ist kein intellektueller Akt, sondern ein Erfahrungsprozess. Du trainierst ihn nicht durch Nachdenken, sondern durch Anders-Handeln.
 

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Der Prozess:

  • Sei achtsam und nehme war, wann und in welchen Situationen du in genau dieses alte Muster verfällst. 
  • Halte kurz inne.
    Hier kommt jetzt nicht der gewohnte Reaktionismus.
    (Anmerkung aus meiner eigenen Vergangenheit: ich habe mich immer dann besonders wertvoll und als tolle Führungskraft gefühlt, wenn ich ad-hoc aus dem Stegreif reagiert habe.)
  • nehme wahr, was sich aus der Vergangenheit heraus entwickeln möchte
  • Entscheide bewusst, was du diesmal anders machst. Fange mit einfachen Dingen an.
  •  Reflektiere im Nachhinein, wie das Ergebnis war, wie es sich für dich anfühlt und wie du das nächste mal noch mutiger in diese „neue“ Richtung weiterdenkst.

 Hier ein paar einfache Ansätze:

  • Mach heute etwas, das du sonst vermeidest. Nur um zu sehen, was passiert.
  • Wenn du merkst, dass du etwas bewertest, bleib neugierig: „Was, wenn das Gegenteil auch stimmen könnte?“
  • Plane bewusst weniger. Nicht, um dich treiben zu lassen – sondern um Platz für Überraschung zu schaffen.
  • Achte auf Momente, in denen du dich sicher fühlst, obwohl du nichts entschieden hast. Das ist gelebte Zukunft.

Was dann möglich wird

Wenn du dich vom Vergangenheitsdenken löst, verändert sich nicht nur dein Denken, sondern dein Erleben. Du spürst wieder, dass das Leben lebendig ist. Dass Kreativität kein Privileg, sondern ein natürlicher Zustand ist.

Führung wird leichter, weil du nicht mehr alles vorher wissen musst. Entscheidungen werden klarer, weil sie aus Präsenz statt Prognose kommen. Und du selbst wirst ruhiger – nicht, weil du weniger Verantwortung trägst, sondern weil du sie bewusster trägst.

Das Leben wird nicht kontrollierbarer. Aber es wird reicher, echter und überraschend einfach.

Fazit – Zukunft darf kein Update der Vergangenheit sein

Past-Oriented Thinking hält uns in der Komfortzone des Bekannten gefangen. Doch die Zukunft entsteht nicht durch Wiederholung, sondern durch Resonanz – durch den Moment, in dem du aufhörst „zu wissen“ und anfängst zu erleben.

Es geht nicht darum, alles anders zu machen, sondern darum, nicht alles gleich zu denken.

Vielleicht ist das die eigentliche Form von Intelligenz: nicht, was du weißt – sondern was du zulässt.

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